cleopatra
Offline Mitglied VdS / Administrator
04.05.2009 17:49
1968/1 erster Artikel zum Wachter-Coudé-Refraktor
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DAS NEUE HAUPTINSTRUMENT DER KÖLNER VOLKSSTERNWARTE ===================================================
Unser neues Instrument ist endlich da! Am 15. Dezember 1967 standen die Container und Kisten auf dem Schulhof des Schillergymnasiums, am 16. und 17. Dezember erfolgte die Montage. Das Instrument ist bereits einsatzbereit - wovon sich viele Sternfreunde schon über- zeugt haben -, trotzdem bleibt natürlich noch einiges zu tun.
Es war ein langes und mitunter auch etwas schwieriges Bemühen, die Bewilligung zur Anschaffung eines neuen, größeren und leistungsfähi- geren Instrumentes von der Stadt Köln zu erhalten. Die gesicherte Gesamtfinanzierung des Projektes mußte aber den Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen bilden. Im Vordergrund unserer Überlegungen stand dabei nicht einmal so sehr eine größere Apertur (wenngleich auch sie eine Rolle spielte), sondern vielmehr die Frage: was kann und muß getan werden, um günstigere Voraussetzungen für eine erfolg- reiche Öffentlichkeitsarbeit zu schaffen? An der Qualität unserer alten Pauly-Linse bestand kein Zweifel, und so gingen viele Überle- gungen zunächst in die Richtung, sie in einem neuen Instrument wie- der zu verwenden. Dieser Weg erwies sich später als nicht gangbar, setzten doch die optischen Daten des Objektivs ziemlich starre Gren- zen. Auch kostenmäßig konnte kaum ein Vorteil ausgerechnet werden. Unser Problem bestand ja u.a. darin, eine optimale Leistungsfähig- keit des Gesamtinstrumentes - und nicht nur seines optischen Teils - zu erreichen unter der Bedingung, Besuchergruppen möglichst schnell, gut und rational zur Verfügung zu stehen. Damit war aber vor allem auch die mechanische Komponente des Instrumentes angesprochen. Un- sere alte Montierung konnte, obwohl sie uns viele Jahre ihre Dienste leistete, diesen Erfordernissen immer weniger genügen. Ihre (kost- spielige) Überarbeitung und Weiterverwendung wäre nur eine höchst unbefriedigende und auf die Dauer gesehen doch nicht sinnvolle Lö- sung gewesen. Aus all diesen und vielen anderen Gründen mußte von uns schließlich jede Teillösung verworfen und die Anschaffung eines gänzlich neuen Instrumentes erwogen werden, dies um so mehr, als wir in der Frage des Hauptinstrumentes eine Lösung nicht für den Tag, sondern für Jahre und Jahrzente anstrebten. Auch kostenmäßig er- wies sich dieser Weg nach unserer ehrlichen Überzeugung letztlich doch immer wieder als der günstigste. An dieser Stelle dürfen wir auch dankbar feststellen, daß sich die Stadt Köln unseren Argumen- ten nicht verschloß und mit ihrer Finanzierungszusage unsere wei- teren Überlegungen auf eine konkrete Basis stellte.
In unzähligen Sitzungen und Gesprächen hatte sich unsere Vorstel- lung vom Hauptinstrument für unsere Volkssternwarte herauskristal- lisiert, die zu verwirklichen die Firma M. Wachter, Stuttgart, über- nommen hatte. Wir gingen von der Überlegung aus, welche Öffnung in der licht- und dunstgeschwängerten Großstadtatmosphäre sinnvoll noch eingesetzt werden könnte. Auch die schon vorhandene Kuppel mit 4,90 Meter Durchmesser setzte uns eine Grenze. Ein Reflektor größerer Apertur - wir dachten da an 400mm Öffnung - schied aus, u.a. auch schon wegen der relativ langen Temperierungszeit. Im übrigen stehen uns bekanntlich bereits zwei Spiegelfernrohre mit 100 mm (Heiden- hain) und 200 mm (Saile) Öffnung zur Verfügung, die wir auf der Plattform mit gutem Erfolg einsetzen. Wir entschieden uns für einen Coudé-Refraktor von 225 mm Öffnung. Der Beobachter sitzt immer am selben Platz mit dem Gesicht in Nordrichtung, kann in bequemer Körperhaltung den gesamten Himmel "abfahren", er kann beobachten, fotografieren, zeichnen, fokussieren, ohne auch nur die geringste Erschütterung im Gesichtsfelde zu bemerken.
Nahezu alle Steuerungen des Instrumentes sind vom Sitzplatze aus möglich. Das dürfte ein wesentlicher Vorteil für die Arbeit mit dem Instrument und, nicht zuletzt, bei der Führung von größeren Besuchergruppen sein.
Wir haben, nach Abwägung aller denkbaren Möglichkeiten, unserem Rohr ein Objektiv von 225 mm Öffnung und 3000 mm Brennweite ge- geben. Dies entspricht einem Öffnungsverhältnis von 1 : 13,333. Bei diesem F/D würden sich bei einem Fraunhofer-Achromaten die Bildfehler, vor allem der Farbfehler, bereits störend bemerkbar machen. Daher entschieden wir uns für einen Halbapochromaten. Eine Verlängerung der Brennweite schied bei der gewählten Kon- struktion durch die vorgegebenen Daten, insbesondere durch den Kuppeldurchmesser aus. Die optische Ausstattung des Instrumentes besorgte die Firma D. Lichtenknecker, Weil der Stadt.
Selbstverständlich wären auch andere Möglichkeiten der Konstruk- tion und der optischen Daten möglich gewesen, und sie wurden auch vorgeschlagen und lebhaft diskutiert. Bei der Entscheidung war jedoch zu bedenken, daß nicht persönliche Neigungen, individuelle Vorstellungen usw. den Ausschlag geben durften, sondern der Ge- sichtspunkt der Verwendung des Instrumentes in einer Volksstern- warte. Weiterhin ist zu berücksichtigen gewesen, daß die vorhan- denen Einrichtungen (Kuppel, Sockel u.a.m.) schon aus Gründen der Kostenersparnis zu verwenden waren. Schließlich war auf eine op- timale Gesamtleistung(!) abzustellen. So reizvoll für den einen ein 400 mm-Spiegel auch gewesen sein mag, so interessant etwa ein Faltrefraktor für den anderen usw., letztlich mußte die gesam- te Einrichtung praktikabel sein.
Einen Umbau des Fundaments in der Kuppel wollten wir vermeiden. Aus diesem Grunde mußte ein neuer Instrumentenfuß konstruiert und gebaut werden. Diese Arbeit wurde von Vorstandsmitgliedern, natür- lich kostenlos, übernommen. Der Fuß wurde zur Anpassung an die In- strumentensäule an die Herstellerfirma geschickt. Da ein Gewicht von ca. 1 to darauf lastet, bedurfte es einer besonders steifen Schweißkonstruktion. Allein die Säule mit Justierkopf wiegt rund 250 kg, die Gegengewichte rund 100 kg. An der Säule befindet sich ein Kasten, in dem die Antriebselemente für die Nachführung unter- gebracht sind. Durch Druckknopfbedienung ist die Laufgeschwindig- keit vor- und rückwärts variabel regelbar. Aus Sicherheitsgründen wurden bewußt nur Stromspannungen bis zu 24 Volt an das Instrument herangetragen. Im übrigen kann jetzt auch die Kuppel vom Instrumen- tenpult aus über ein Relais bewegt werden.
Drehbare Teilkreise erleichtern die Einstellungsarbeiten am Himmel. Bekanntlich war und ist der Umgang mit Sternzeit, Stundenwinkel und Rektaszension nicht jedermanns Sache und im übrigen zeitraubend. Es wurde daher eine einfachere Lösung angestrebt: Mit Hilfe des Suchers wird auf einen bekannten Stern Fadenkreuzmitte eingestellt. Sodann ist der Teilkreis zu lösen und die Rektaszension des eingestellten Sternes auf den Index zu bringen. Der Teilkreis wird nun wieder fest- gestellt. Nunmehr kann für die Dauer eines ganzen Beobachtungsabends mit völlig ausreichender Genauigkeit jedes Objekt nach seinen Koor- dinaten eingestellt und aufgefunden werden. Diese Methode setzt frei- lich eine sehr genaue Aufstellung des Instrumentes voraus. Die Fein- justierung des Instrumentes - eine diffizile und etwas langwierige Arbeit - ist noch nicht abgeschlossen. Für allgemeine Beobachtungen unserer Sternfreunde - das darf hier angemerkt werden - ist die er- reichte Genauigkeit heute schon (Mitte Februar) völlig ausreichend. Weitere Verbesserungen werden vorgenommen.
Mit Hilfe eines Okularrevolvers (s.Abb.) lassen sich durch jeweils eine Drehung vier verschiedene Vergrößerungen einstellen, ohne daß die Okulare gewechselt werden müssen. Es stehen Okulare von 60 mm = 50fache bis 6 mm = 500fache Vergrößerung zur Verfügung. Die Be- stückung des Revolvers kann vor Beginn der Beobachtungen je nach Programm vorgenommen werden. Die uns zur Verfügung stehenden Oku- larbrennweiten erlauben eine ziemlich feine Abstufung, so daß hier allen Anforderungen entsprochen werden kann.
Einem kurzen Vergleich mit unserem alten Hauptinstrument mögen folgen- de Zahlen dienen: Öffnung: 225/162 mm; Brennweite: 3000/2850 mm; Öff- nungsverhältnis: 1 : 13,3/17,5; Flächeninhalt: 397/196 qcm.
Über die Leistungsfähigkeit des neuen Hauptinstrumentes unserer Volks- sternwarte wird an dieser Stelle ausführlich berichtet werden, sobald entsprechende Erfahrungen gesammelt sind. Auch über die Weiterverwen- dung der optisch hervorragenden Pauly-Linse wird zu gegebener Zeit zu berichten sein.
Abschließend dürfen wir hier im Namen des Vorstandes und für alle Be- teiligten mit Befriedigung feststellen, daß unser aller Einsatz sich gelohnt hat. Möge die Vereinigung der Sternfreunde Köln, in deren Hän- de das Instrument gelegt wurde, für ihre Mitglieder und für die Bevöl- kerung Nutzen ziehen und die Kenntnis der Wunder des Himmels, das astro- nomische Wissen mehren.
Bilder (2): Renkawitz Laudenklos/Dracker
#2 RE: 1968/1 erster Artikel zum Wachter-Coudé-Refraktor
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Danke für das Einstellen dieses Artikels. Ich kannte ihn noch nicht und für mich ist es sehr spannend zu lesen, wie die Sternwarte, wie wir sie heute kennen, begonnen hat. Gefreut habe ich mich über ganz viele Schlüsselworte in dem Artikel, die zeigen, dass die Mitglieder bereits 1968 die gleichen Ansprüche an ihre Sternwarte gestellt haben und vor den gleichen Herausforderungen standen, wie wir heute: "...langes und mitunter auch etwas schwieriges Bemühen...", "...gesicherte Gesamtfinanzierung des Projektes mußte aber den Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen bilden...", "...die Frage: was kann und muß getan werden, um günstigere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit zu schaffen?", "...licht- und dunstgeschwängerten Großstadtatmosphäre...","...die wir auf der Plattform (=Terrasse) mit gutem Erfolg einsetzen...", "...bei der Führung von größeren Besuchergruppen...". Die Mitglieder von 1968 sind hohen Ansprüchen gerecht geworden. Ob wir das heute auch erreichen? "Möge die Vereinigung der Sternfreunde Köln, in deren Hände das Instrument gelegt wude, für ihre Mitglieder und für die Bevölkerung Nutzen ziehen und die Kenntnis der Wunder des Himmels, das astronomische Wissen mehren."
cleopatra
Offline Mitglied VdS / Administrator
04.05.2009 18:20
#3 RE: 1968/1 erster Artikel zum Wachter-Coudé-Refraktor
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Ist noch inoffiziell, nur für Dich lesbar. Wir benötigen ein Abkommen zur wechselseitigen Verwertung von Medieninhalten mit dem Vorstand, bevor wir das freigeben dürfen. Zunächst mal warte ich noch auf eine Antwort/Genehmigung von Herrn Hahn speziell zu diesem Artikel. Wie wär's mit einem Antrag auf TOP-Erweiterung für die nächste Vosi ?! Gruß cleopatra
cleopatra
Offline Mitglied VdS / Administrator
24.06.2009 05:53
#4 RE: 1968/1 erster Artikel zum Wachter-Coudé-Refraktor
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Liebe Leserinnen und Leser, auf meine Anfrage in der Vorstandssitzung vom 23.06. zu dem Vorstandsbeschluß zur wechselseitigen Nutzung von Inhalten zwischen Forum und ANTARES wurde mir bestätigt, daß Wiederveröffentlichungen im Forum durch den Beschluß über die Archivierung des ANTARES im Forum gedeckt sind. Viel Spaß also beim Lesen des ersten aufbereiteten ANTARES-Artikels, sozusagen "digitally remastered" cleopatra
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